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Werkzeuge im mindboxPlus-Modell: PERMA-Lead | Positive Emotionen

Aktualisiert: 8. Nov. 2023

Der grösste und umfassendste Teil des mindbox-Modells beschäftigt sich mit Werkzeugen und Instrumenten zur konkreten Umsetzung. In diesem Kapitel stelle ich Ihnen diese Werkzeuge vor. Ein wesentlicher Teil der Toolbox stammt aus dem wissenschaftlichen Konzept des «Positive Leadership». Auf Basis des PERMA-Lead Modells von Dr. Markus Ebner finden Sie im Folgenden einige Konzepte und Theorien, die Ihnen bei der Umsetzung helfen werden. Und wie immer gilt: Alles, was Sie hier lesen, kann auf den drei Anwendungsebenen reflektiert und umgesetzt werden.


Dieses Kapitel geht aber auch auf die menschlichen Grundbedürfnisse ein. Wer sich seinen Grundbedürfnissen zuwendet, tut viel Gutes für seine Balance und damit sowohl für die Gesundheit wie auch für die Arbeits- und Lebenszufriedenheit. Aber auch die Themen Motivation, Werte und Mindset sind Teil dieser Werkzeugkiste. Sicher haben Sie schon festgestellt, dass sich die Inhalte der mindbox oft nicht scharf voneinander trennen lassen. Es scheint alles mit allem irgendwie verknüpft zu sein. Dieser Eindruck täuscht nicht und ist für die Praxis sogar hilfreich. Wenn Sie sich beispielsweise um Ihre eigenen Grundbedürfnisse kümmern, dann wird es Ihnen persönlich besser gehen. Das kann dann bedeuten, dass Sie in der Lage sind, die Beziehungen zu Ihrer Familie und Ihren Mitarbeiter:innen zu verbessern. Das könnte wiederum zu Folge haben, dass Sie mehr positive Emotionen erleben. In diesem kleinen Beispiel sind also drei konkrete Anwendungen der mindbox direkt miteinander in Verbindung. In diesem Sinne spielt es auch keine Rolle, mit welchen Werkzeugen Sie in der Selbstführung oder in der Führung von Miterbeiter:innen beginnen. Die Wirkung tritt immer ein; dafür gibt es mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Belege.


Positive Leadership. PERMA-Lead

In der Einleitung wurde der Paradigmenwechsel thematisiert. Uns allen ist klar, dass sich die Welt verändert hat und weiterhin Vieles im Wandel ist. Auch die Wissenschaft hat sich weiterentwickelt und in der Psychologie und der Betriebswirtschaft neue Themen betrachtet und erforscht. Auf der individuellen Ebene hat sich die Psychologie bis vor Kurzem vor allem mit denjenigen Menschen befasst, die leiden und dabei einige Erkenntnisse formuliert, wie Leiden verringert werden kann. Die Positive Psychologie hat den Fokus verändert: Die Frage, wie das Leben bereichert werden kann, was zum Aufblühen von Menschen führt steht im Fokus dieser Teildisziplin der Psychologie. Daraus ist beispielsweise das PERMA Modell entstanden, das dann später von Markus Ebner aus der Perspektive der Führung in ein Anwendungsmodell übergeführt wurde (PERMA-Lead). Auf der Anwendungsebene der Mitarbeiter:innen-Führung haben sich die klassichen (alten) Führungsansätze praktisch ausschliesslich mit «mechanistischen» Menschenbildern auseinandergesetzt. Getreu dem Motto, alle Menschen seien gleich und entsprechend auch gleich zu behandeln. Moderne Führungstheorien wissen um die Individualität der Einzelnen und versuchen, diesem Tatbestand auch gerecht zu werden. Positive Leadership beschäftigt sich mit der Individualität. Und gerade deshalb kann Positive Leadership perfekt sowohl zur Mitarbeiter:innen-Führung wie auch zur Selbstführung angewendet werden.



Positive Leadership (und auch die Positive Psychologie) sind verhältnismässig junge Wissenschaften. Trotzdem ist die Studienlage in Bezug auf die Wirkung eindeutig. Menschen wollen und können ihre individuellen Potenziale und Stärken erkennen, entwickeln und einbringen. Dieses neue und zeitgemässe Menschenbild ist eine Voraussetzung für Arbeitszufriedenheit, Lebenszufriedenheit und das Erbringen von guter Leistung in allen relevanten Umfeldern. Im Grunde genommen «funktionieren» wir Menschen in allen Umgebungen immer gleich. Wir haben ja auch immer das gleiche Hirn mit dabei. Klar können sich Einstellungen und Verhaltensweisen im Arbeitsumfeld oder im privaten Umfeld unterscheiden. Die Grundlegende Funktionsweise ist aber immer dieselbe: Wir streben nach Bedüfnisbefriedigung, Sinnerleben, guten und gelingen Beziehungen und nach Erfolgen, die uns gut tun.


Das PERMA-Lead Modell (nach Dr. Markus Ebner) beschreibt fünf konkrete Handlungsfelder, die auf die drei Ebenen (sich selbst führen, andere führen, Organisationen führen) angewendet werden können. Dabei stehen die 5 Buchstaben für folgende Begriffe und Kernthemen:


P = Positive Emotions (positive Gefühle)

E = Engagement

R = Relations (Beziehungen)

M = Meaning (Sinn)

A = Accomplishment (Ziele und Erfolge)


Im Folgenden stelle ich Ihnen die 5 Bereiche des PERMA-Lead Modells im Einzelnen vor – inklusive einiger erweiterter Informationen und Hintergründe.


P | Positive Emotions

Menschen haben positive und negative Emotionen. Und wer das Kapitel über Polarität gelesen hat weiss, dass beide ihre Existenzberechtigung haben. Auch wenn ich Ihnen anschliessend viel über die Stärkung und das Training positiver Emotionen erläutere, soll nie vergessen gehen, dass auch negative Emotionen wichtig sind und «erkannt werden wollen». Auch hier stellt sich (siehe auch Homöodynamik) die Frage der Balance. Tatsache ist, dass wir negative Emotionen deutlich stärker wahrnehmen als positive. Dies hat auch einen direkten Zusammenhang mit dem so genannten «Negativity Bias», dem wir alle verfallen sind. Gemeint ist damit eine weit verbreitete Neigung, negative Situationen und Erlebnisse stärker wahrzunehmen als positive Situationen. Ein Erklärungsansatz ist evolutionstheoretisch: Unser Hirn ist evolutionsbedingt darauf ausgerichtet, Gefahren und Risiken zu erkennen, um damit überleben zu können («der nächste Säbelzahntiger lauert gleich um die Ecke»). Das kann weitreichende Folgen haben. Wenn man weiss, dass eine negative Emotion drei Mal stärker gewichtet als eine positive, kann man die Auswirkungen mindestens erahnen.


LaFreniere & Newman haben im Jahr 2020 in einer Studie belegt, dass Menschen unverhältnismässig viele negative Emotionen mit sich herumtragen. So seien beispielsweise über 91% der Sorgen, die sich Menschen täglich machen, völlig nutzlos, da die Probleme, um die sie kreisen, niemals eintreten.


Die gute Nachricht: Wir können lernen, den positiven Emotionen mehr Gewicht zu geben, wieder mehr Positives wahrzunehmen und zu erleben und damit auch die positiven Emotionen trainieren. Hier einige Hintergrundinformationen und Tipps zu Stärkung positiver Emotionen.



Emotionen bzw. Gefühle. Grundverständnis.

Für uns Menschen spielen Emotionen eine zentrale Rolle. In den letzten Jahren hat die Forschung riesige Fortschritte über die Bedeutsamkeit und Wirkungsweise von Emotionen gemacht. Nicht nur – aber auch – ist dies den Neurowissenschaften zu verdanken. Dank modernster bildgebender Verfahren können heute das Gehirn und seine Funktionsweisen am lebenden Menschen untersucht werden. Die Erkenntnisse, die daraus entstanden sind, dürfen durchaus als bahnbrechend bezeichnet werden.


Wir können lernen, positive Emotionen zu erleben und zu beachten.

Aber auch der junge Wissenschaftszweig der positiven Psychologie hat viele Erkenntnisse über die Wirkungsweise von Emotionen ans Tageslicht gebracht. Dabei wurde vor allem eines klar: Wenn wir positive Emotionen empfinden und erleben, dann hat das weitreichende Konsequenzen. Die Forschung zeigt beispielsweise, dass positive Emotionen:


• Unsere Zukunft verändern können,

• die Motivation fördern,

• Optimismus fördern,

• in einigen Bereichen gesundheitsfördernd wirken,

• die Resilienz (psychische Widerstandskraft) steigern,

• erfolgreicher machen und

• die aktive und passive Hilfsbereitschaft fördern.


Die amerikanische Forscherin Barbara Fredrickson hat sich intensiv mit der Erforschung und der Wirkung positiver Emotionen auseinandergesetzt. Die Emotion beeinflusst die erwartungsgerichtete Wahrnehmung. Auf dieser Grundlage können sich bei

die unter anderem langfristig die Resilienz fördern können. Fredrickson beschreibt und definiert zehn positive Emotionen und verbindet jede mit dem Kontext, der die Emotion begünstigt, sowie mit ihrer Auswirkung im Verhalten.


Wichtig zu wissen ist, dass negative Gefühle in der Regel schneller wahrgenommen werden und länger und stärker nachwirken. Wir nehmen negative Emotionen klarer wahr und widmen ihnen mehr Aufmerksamkeit. Ebenfalls bleiben sie länger im Gedächtnis und wir können sie auch leichter abrufen. Negative Emotionen führen zu einer Fokussierung und Einengung des Denkens.


Positive Gefühle sind zwar im Durchschnitt häufiger, werden aber im Alltag nicht so leicht bemerkt. Wir empfinden sie als diffuser. Allerdings erweitern positive Gefühle das Denken, steigern die Kreativität und nachweislich die Problemlösungsfähigkeit. Ebenfalls tragen sie zu stabileren sozialen Beziehungen bei. Die Forschung zeigt, dass es bei positiven Gefühlen weniger auf die Intensität, als vielmehr auf die Häufigkeit und die Regelmässigkeit erlebter positiver Gefühle ankommt. Wer häufig positive Gefühle erlebt, verursacht in seinem Gehirn die Entstehung neuer neuronaler Netzwerke und neuronaler Verschaltungen. Diese Begriffe stammen aus der Neurowissenschaft und beschreiben die Fähigkeit des Gehirns, seine Strukturen zu verändern und zu entwickeln. Das wird auch Neuroplastizität genannt. Doch damit nicht genug: Es gibt Studien, die auf den direkten Einfluss positiver Emotionen auf genetische Phänomene und damit langfristig auf Gesundheit und Lebensdauer hinweisen. Es gibt also nichts, was gegen positive Emotionen spricht.


Wie bereits oben erwähnt, gilt das Prinzip der Polarität auch in diesem Zusammenhang. Wenn wir hier von positiven Emotionen und dem Training positiver Gefühle sprechen, dann geht es niemals um das Verdrängen negativer Emotionen. Oder anders gesagt: Negative Gefühle gehören genauso zu unserem Leben wie die positiven. Es geht also um das vermehrte und bewusste Erleben echter positiver Emotionen im Wissen darum, dass es auch negative Gefühle geben darf. Am Ende ist das Verhältnis zwischen positiven und negativen Emotionen entscheidend. Und um es nochmal ganz deutlich zu sagen: Man muss wissen, dass eine negative Emotion dreimal stärker wirkt als eine positive. Wer also drei positive Emotionen und eine negative Emotion erlebt, hat effektiv hier ein Verhältnis von eins zu eins. Das Ziel wäre also, auf eine negative Emotion am besten deutlich mehr als drei positive Emotionen zu erleben. Später zeige ich Ihnen Beispiele, die die Entstehung positiver Emotionen begünstigen und wie diese auch trainiert werden können.


Auch negative Emotionen haben ihre Berechtigung.

Getreu dem Polaritätsprinzip funktioniert also ein Übertünchen negativer Emotionen nicht. Sich gute Gefühle einfach einreden zu wollen (beispielsweise durch ständiges Wiederholen positiver Affirmationen) funktioniert nicht, weil damit eben auch der Gegenpol – also negative Emotionen – gestärkt wird. Vielmehr geht es um das bewusste Anschauen und Erkennen der eigenen Gefühle. Auch negative Emotionen haben ihre Berechtigung und wollen gesehen werden. Parallel dazu lassen sich die positiven Gefühle trainieren und stärken.


Reflexionsfragen zu positiven Emotionen

Barbara Fredrickson hat 10 positive Emotionen erforscht und beschrieben. Überlegen Sie sich (wie immer am besten schriftlich), wann und in welchen Situation Sie zum letzten Mal diese positiven Gefühle wahrgenommen haben:


Freude Dankbarkeit

Heiterkeit Interesse

Hoffnung Stolz

Vergnügen Inspiration

Ehrfurcht Liebe



Eine gute Möglichkeit, diese Emotionen zu stärken, zu trainieren und zu erlernen ist das Führen eines Tagebuches: Sie könnten jeden Abend vor dem Zubettgehen an den vergangenen Tag zurückdenken und Beispiele dieser erlebten Emotionen festhalten. Keine Sorge: Es braucht keine grossen Erlebnisse und keine starken positiven Emotionen. Auch die kleinsten Erlebnisse lohnen sich, aufzuschreiben. Die Blume am Wegrand? Der geschäftliche Erfolg des Arbeitskollegen? Die gute Note Ihres Kindes? Die Ehrfurcht vor der Bergkulisse? Wenn Sie dieses Tagebuch der guten Emotionen regelmässig führen, wird sich Ihre Aufmerksamkeit von Tag zu Tag mehr auf das Gute und das Gelingende ausrichten. Sie setzen damit eine Aufwärtsspirale guter Gefühle in Bewegung.


Das Leben (sowohl das Arbeits- wie auch das Privatleben) fällt uns viel leichter, wenn es mit positiven Emotionen verbunden ist. Forschungsergebnisse zeigen aber auch den direkten Zusammenhang zwischen Positiven Emotionen und Leistung/Produktivität. Hier deshalb einige Fragen und Handlungsmöglichkeiten für die drei Anwendungsebenenen der mindbox:


  • Wieder einmal die Bedürfnisse: Was tue ich, um mehr meiner Bedürfnisse zu befriedigen?

  • «Three good Things» - Tipp: Jeden Tag als Ritual drei gute Dinge des Tages aufschreiben.

  • Womit bin ich unzufrieden? Tipp: Eine Liste erstellen und bei demjenigen Punkte Verbesserungen/Veränderungen anstreben, bei dem es am Einfachsten fällt.

  • Gibt es kleine Aufmerksamkeiten für die Mitarbeiter:innen? Gibt es Zeit für positiven small-Talk?

  • Gibt es Budgets für die individuelle Arbeitsplatzgestaltung?

  • Wird externes Lob weitergegeben?

  • Feiern wir – wenn auch nur kurz – unsere Geburtstage?

  • Dürfen uns Familienmitglieder zwischendurch am Arbeitsplatz besuchen?

  • Haben wir eine Kultur, die das Positive sucht und anspricht?

  • Wie sind unsere Mitarbeiter:innen Gespräche konzipiert? Fokussieren sie auf das Positive?

  • Erlaubt unser Arbeitszeitmodell Freiheitsgrade?


Hier handelt es sich natürlich keinesfalls um abschliessende Listen – vielmehr um einige hoffentlich inspirierende Gedanken. In der Praxis gäbe es noch unzählige weitere Möglichkeiten, den Positiven Emotionen Raum zu geben.



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