Aus dem mindboxPlus-Modell: Strategie und Vision. Ergebnisse und Treiber zugleich.
Strategie und Vision: Ergebnisse und Treiber zugleich
Für komplexe Situationen gibt es keine Rezepte. Bietet das mindbox-Modell Rezepte für Persönlichkeitsentwicklung und bessere Führung? Nein. Das tut es nicht. Rezeptlösungen werden der komplexen Welt und den Menschen als komplexe Wesen nicht gerecht. Für komplexe Situationen gibt es keine einfachen Antworten und damit auch keine kochbuchmässigen Rezepte. Vielmehr soll die mindbox ein Werkzeug zur Analyse von Situationen darstellen und inhaltlich Lösungsideen und Werkzeuge abbilden. Die Themen sind also vernetzt, voneinander abhängig und bedingen sich teilweise gegenseitig.
In Unternehmen und vielen Organisationen sind Begriffe wie „Strategie“ zu Schlagworten geworden. Oftmals ist damit gemeint, welche Ziele man erreichen möchte. Manche Autoren verstehen aber darunter eher einen prozessorientierten Ansatz: Wie sollen die Ziele erreicht werden? Oder sogar: Wie kommen wir zu strategischen Zielen? Wie auch immer Sie den Begriff Strategie definieren, im Kern geht es um eine Vorausschau, oder wie Betriebsökonomen gerne sagen, um das Schaffen von Erfolgspotenzialen. Was muss ich heute tun, um morgen (noch) erfolgreich zu sein?
Diese zugegebenermassen sehr unternehmerische Perspektive ist sicher nicht falsch. Der Begriff Strategie kann aber auch auf einer sehr individuellen Ebene betrachtet werden. Wo sehe ich mich als Mensch in einigen Jahren? Wie schaffe ich mir meine persönlichen Erfolgspotenziale? Was bedeutet Erfolg überhaupt für mich?
Ein kleines Wortspiel kann sich lohnen: Erfolg ist, was erfolgt. Erfolg ist also etwas, was morgen durch das Handeln im Heute entstehen kann. Dahinter steckt der Gedanke, dass nichts wirkungslos sein kann. Was immer wir tun, wird eine Auswirkung haben – es wird etwas erfolgen. Die Motivationspsychologie weiss, dass (innere) Bilder, wie wir uns die Zukunft vorstellen, durchaus Motivationskraft haben können. Wie bereits an anderem Orte erläutert vor allem dann, wenn sie mit unseren Bedürfnissen und unserem Wesen gut übereinstimmen.
Vision. Das innere "Ja!"
Und hier sind wir dann schon beim Begriff Vision. Für die eigene Entwicklung kann eine Vision hilfreich sein. Es gilt aber darauf zu achten, dass es sich wirklich um die eigene Vision handelt. Eine Vision bzw. eine Vorstellung, erfordert das innere gefühlte „Ja!“. Wenn das wahrgenommen werden kann, hat auch die persönliche Vision durchaus die Chance, Handlungsenergie zu erzeugen. Je deutlicher dieses „Ja!“ wahrgenommen wird, desto wirkungsvoller ist die Vision.
Als persönliche Hilfestellung zur Prüfung dieser Wahrnehmung könnten Sie Ihre persönliche Vision anhand einer Skala prüfen. Zeichnen Sie sich eine solche mit Werten von 0 bis 100 und fragen Sie sich, wie stark Ihre Vision im positiven Sinne wirkt. Wie viel positiven Affekt (positive Emotionen) nehmen Sie wahr? Verlassen Sie sich ruhig auf Ihre spontane Wahrnehmung. Wie Sie wissen, reagiert Ihr emotionales Erfahrungsgedächtnis viel schneller als der Verstand.
Gleichzeitig könnten Sie sich auch fragen, ob es zu Ihrer Vision auch negative Gefühle, negative somatische Marker gibt. Auch hier können Sie mit der gleichen Skalierungsfrage auf der Skala von 0–100 auf Ihre Intuition vertrauen und den Wert entsprechend eintragen.
Für viele Vorhaben, Absichten, Strategien und Visionen und generell bei vielen Entscheidungsfragen gibt es nämlich auf unbewusster Ebene auch gemischte Gefühle. Das bedeutet, dass sowohl positive wie auch negative Affekte/Emotionen gleichzeitig vorhanden sein können. Erinnern Sie sich daran, dass negative Emotionen ca. dreimal stärker gewichten als positive? Wenn Sie für Ihre persönliche Vision also auch deutlich negative Marker wahrnehmen, dann können Sie sich diese wie eine Handbremse vorstellen. Ihr Antrieb und Ihre Motivation sind also geschwächt.
Überarbeiten Sie Ihre Vision so lange, bis sie auf Ihren beiden Skalen für positive und negative Affekte einen positiven Wert von mindestens 70 haben und beim negativen Affekt idealerweise null oder nur einen sehr tiefen Wert. Die Chance, dass Sie an Ihrem Vorhaben dran bleiben ist damit ungleich grösser und verbraucht wesentlich weniger Energie. Ist nämlich der negative Marker stark, dann stimmt der Vergleich „fahren mit angezogener Handbremse“ sehr gut. Der Energieaufwand, um vorwärts zu kommen ist wesentlich grösser. Sie brauchen dann für Ihr Vorhaben vor allem sehr viel Willenskraft. Das kann eine gewisse Zeit lang gelingen, führt aber häufig zum Abbruch der Pläne.
Natürlich kann Willenskraft für viele Vorhaben ein entscheidender Faktor sein. Das braucht es manchmal einfach. Aber hören Sie einmal einem Menschen zu, der viel erreicht und geleistet hat. Und vor allem, beobachten Sie genau, wie Ihnen diese Person von ihren Erfolgen erzählt. Auch wenn Ihre beste Freundin eine erfolgreiche Hobbymarathonläuferin ist und immer wieder erzählt, wie wesentlich die Willenskraft sei, werden Sie beobachten können, dass trotz allem der zugrunde liegende positive Affekt für das Hobby ungleich grösser sein muss als der negative, der mit Willenskraft ausgeglichen wird. Der zugrundeliegende innere Antrieb erzeugt so viel Freude, Lust, Spass und damit auch positiven Affekt, dass die notwendige Willenskraft gut mit dieser positiven Energie kompensiert werden kann.
Wenn das nicht der Fall ist, und sich Ihre Freundin ausschliesslich mit negativem Affekt und sehr viel Willenskraft das Marathonlaufen erarbeitet hat, dann wird das entweder nicht von langer Dauer sein, oder sie geht das Risiko ein, zu viel Energie zu verwenden und daran auszubrennen.
Die obige Methode mit dem Bewerten von positiven und negativen Affekten ist wissenschaftlich fundiert und funktioniert auch bei Entscheidungsfragen sehr gut. Soll ich diesen Mann heiraten? Soll ich mir das neue Auto kaufen? Soll ich das neue Jobangebot annehmen? Machen Sie kurz die Gegenüberstellung mit dem positiven und negativen Affekt in den beiden Skalierungen. Immer dann, wenn der positive Affekt sehr hoch ist und der negative Affekt sehr tief, dann stehen die Chancen gut, dass zum aktuellen Zeitpunkt die Entscheidung wohl richtig ist. Bei der Eheschliessung lässt sich das gut nachvollziehen. Die Frau, die beim Heiratsantrag diese Affektbilanz vornimmt, beim positiven Marker einen Wert von 60 einträgt und beim negativen Marker ebenfalls einen Wert von 60, muss sich einfach eingestehen, dass da wirklich viele gemischte Gefühle dabei sind. Diesen sollte sie dringend auf den Grund gehen. Wäre der positive Marker auf 90 und der negative auf null, sähe die Situation schon ganz anders aus. Wobei Vorsicht: Gerade bei diesem Beispiel können die Hormone eine grosse Rolle spielen.
Frischverliebten ist aus wissenschaftlicher Sicht zu raten, erst einmal zuzuwarten, bevor grössere Entscheidungen gefällt werden. Wissenschaftlich gesehen pendelt sich der Hormonspiegel innert 3–9 Monaten wieder auf ein Mass sein, bei dem man seiner Intuition und seinen Gefühlen besser vertrauen kann.
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